Der historische Juister Bahnhof steht noch. Viel hat sich jedoch nicht geändert: Ein offener Dialog zwischen der Eigentümerin, der Gemeinde und den für den Bahnhof engagierten Menschen hat nie stattgefunden.
Auf Juist „macht man einfach“, ohne Offenheit und Transparenz. Das ist das gute Recht der Eigentümerin, denn bei dem Bahnhof handelt es sich nicht um ein Denkmal. Ob dieses selbstherrliche Vorgehen aber auch eine gute Entscheidung ist, ist fraglich, denn das öffentliche Interesse am historischen Bahnhof ist gross. Und diese Öffentlichkeit — das sind natürlich auch alles Kunden der Reederei.
„Da wäre ein Abriss besser gewesen!“
Das konnte man sich nicht vorstellen, nachdem der historische Juister Bahnhof im September 2019 gerettet schien: Im März 2021 begannen im Aussenbereich Baumassnahmen, die eine grobe Verschandelung des gesamten Areals darstellten. Eine Juisterin, die nicht namentlich genannt werden möchte, fasste es zusammen: „Da wäre ein Abriss besser gewesen.“
Wie ist der aktuelle Stand? Ein Vergleich der Bahnhofsansichten vorher — nachher
Eines muss man den ab und zu auf Facebook zu findenden neueren Ansichten auf das Bahnhofsgebäude lassen: Es hat — Stand heute — gewonnen. Vergleicht man eine ein paar Jahre alte Ansicht mit einer kürzlich von Christian Schäfer bei Facebook veröffentlichten Fotografie, so ist eine deutliche Verbesserung zu Gunsten des historischen Bahnhofs zu erkennen.
Fotos: Dirk Tonn, Christian Schäfer
Der Windfang
Zum einen ist dabei die Umgestaltung des vorher völlig unpassenden Windfangs, also des Eingangsbereichs zu erwähnen. Dabei fällt natürlich vor allem das Dach des Eingangs auf, das weder in seiner Form zum Gebäude passt, noch von seinen Ausmassen her.
Auch die eher an eine Telefonzelle erinnernde Verglasung des Eingangsbereichs war ein kompletter Missgriff: Die viel zu kleinteiligen Fensterbereiche des Windfangs passten nicht zu den von den Fenstern vorgegebenen, eher grosszügigen Formen.
Die Leuchtreklame
Zudem hatte die Leuchtreklame des „Kompass“ eher Werbung im Sinn als eine angemessene, zum Gebäude passende Beschriftung oder Beschilderung. Der Schriftzug war aufdringlich — übrigens auch die Vorgängerversion.
Der Aussenbereich
Der leere Aussenbereich ist heute eine Augenweide im Sinne des Gebäudes — was sich ändern dürfte, denn die neuen Betreiber werden den Platz vermutlich gewerblich nutzen. Hoffen wir aber, dass sie im Aussenbereich ein besseres Händchen an den Tag legen, als man es zu Kompass-Zeiten erkennen konnte. Da war es teils ein grell-buntes und schreiend daherkommendes Sammelsurium an austauschbarem Zeitgeschmack.
Wenn ich genau hinschaue, dann erkenne ich, dass auch die Bahnhofsmauer von der hässlichen Verglasung befreit wurde. Das ist ein weiterer Pluspunkt — für den Moment.
Das Zwischenfazit
Erfahrungsgemäss dürfte der Juister Bahnhof von den Verantwortlichen lediglich als Investitionsobjekt gesehen werden. Eine angemessene Würdigung der Geschichte des Gebäudes und damit verbunden der Geschichte der Insel kann nicht erwartet werden, wenn man die letzten zwei Jahre als Grundlage nimmt.
Die Freude über den Erhalt wird zwar genährt durch die jetzigen Eindrücke der Gestaltung. Es steht aber zu befürchten, dass der billige Kommerz im Vordergund stehen wird und nicht ein würdigendes Umgehen mit dem Bauwerk und der damit verbundenen Inselgeschichte.
Zwei alte Waggons der Inselbahn im Aussenbereich?
Wir freuen uns immer wieder über Zuschriften an die Juister Bahnhofsfreunde. Nun erreichte uns heute wieder einmal eine Nachricht eines Unterstützers. Es ist klasse zu sehen, wie sich Menschen mit der Insel und dem Bahnhof beschäftigen.
T. Schäfer kommt aus Niedersachsen und ist seit über 50 Jahren Gast auf Juist. Er schreibt uns zur Diskussion über die Gestaltung des Aussenbereichs vor der Bahnhofsmauer:
Zu der Frage, wie man den alten Bahnsteig auf der Südseite mit einer windgeschützten Anlage gastronomisch nutzen kann, habe ich eine eigene Idee:
Man könnte dort zwei alte Wagen der Juister Inselbahn, sofern noch vorhanden, aufstellen und als Gastraum für das Restaurant einrichten. Das würde an die frühere Funktion des Bahnhofs erinnern und sehr gut in das Ortsbild passen.
Das ist ein sehr nachvollziehbarer Gedanke, der nicht nur die alte Funktion des Gebäudes betonen würde, sondern sicher auch eine Attraktion für Gäste wäre.
Spinnen wir die Idee mal weiter: Zwei Waggons — einer für das eher kürzere Verweilen, das schnelle Getränk mit den Originalbänken (und ein paar Kissen für die empfindlichen Hintern), der andere mit einer komfortablen, bequemen Ausstattung für ein längeres Essen.
Aber das ist alles nur geträumt …
Aus dem alten „Kompass“ soll das „Carl STEAKmann“ werden
Es war bereits länger bekannt, dass im Bahnhofsgebäude wieder eine Gaststätte betrieben werden würde. In einem Artikel auf juistnews.de werden Details beschrieben.
Mit dem Bahnhofsgebäude hat man einen besonderen Ort zur Verfügung, der in die einzigartige Geschichte der Juister Inselbahn eingebunden ist. Es gab von vielen den Wunsch, die zukünftige Gastronomie wieder „Bahnhofsgaststätte“ zu nennen. Diese Idee wurde nicht berücksichtigt.
Statt dessen bevorzugt man ein eher flaches Wortspiel mit dem Namen des ehemaligen Vorsitzenden der Reederei Norden-Frisia. Die Tradition des Bahnhofs interessierte offenbar nicht. Nun, es bleibt immer noch zu hoffen, dass zumindest das Interieur der Gaststätte wenigstens ein paar Hinweise auf die Vergangenheit des Gebäudes aufweisen wird.
Oldenburgische Landesbank schliesst Filiale im Bahnhof
Wie einem Artikel auf juistnews.de zu entnehmen ist, schliesst die Oldenburgische Landesbank ihre Filiale auf Juist.
Für den historischen Bahnhof bedeutet das eine Chance, denn der völlig verunstaltete ehemalige Eingangsbereich könnte nun problemlos zurückgebaut werden.